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Adler, Katharina: Ida

KATHARINA ADLER: IDA
Rowohlt Bucherverlag, 512S., ©2018
 
Katharina Adler erzählt hier die Geschichte ihrer Urgroßmutter Ida Bauer, die aus einer berühmten Wiener, jüdischen Familie entstammt. Ihr Bruder ist Otto Bauer, ein führender Theoretiker der österreichischen Sozialdemokratie.
Ida wurde als achtzehnjährige aufgrund unerklärlicher psychosomatischer Symptome Patientin von Siegmund Freud, seine Diagnose lautete auf „petite hysterie“. Freud unterzog die junge Frau seiner neuartigen Behandlungsmethode: der Sprechkur und der Traumdeutung. Als Fall „Dora“ ist Ida Bauer in die Geschichte der Psychoanalyse eingegangen und wurde damit zu einer der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts. Ida erdreistet sich aber, die Behandlung nach nur drei Monaten abzubrechen, sehr zum Leidwesen von Siegmund Freud.
Der biografische Roman spannt den Bogen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und macht die gesellschaftlichen Umbrüche der Kriegs- und Zwischenkriegszeit anhand der Figuren gut sichtbar. Katharina Adler portraitiert ihre Urgroßmutter als eigensinnige und um ein selbstbestimmtes Leben ringende Frau, die man nicht als Hysterikerin abtun kann. Ida ist eine widerspenstige Patientin, die Freuds Deutungen der unbewussten Ursachen nicht gelten lassen wollte. Der Autorin gelingt es meisterhaft, den „Überlebensinstinkt“ der jungen Frau herauszuarbeiten. Ida lässt sich nicht einschüchtern, gerade weil in ihrer Familiengeschichte Ehebruch und versuchter Kindesmissbrauch eine zentrale Rolle spielen. Man erfährt viel Wissenswertes über die Zeit um 1900 und den Beginn der Psychoanalyse. Ein berührendes Buch und eine große Leseempfehlung!