GZ Nr. 408 vom 12/2022

Robert Menasse hat wieder ein herausragendes Buch zu Europa geschrieben. Nach seinem Roman „Die Hauptstadt“, erschienen 2018, nimmt er einmal mehr die Verfehlungen und Widersprüche der EU-Politik in den Blick. Diesmal geht’s um den Umgang der Brüsseler Bürokratie mit ihren Beitrittswerbern und dem, was das mit Menschen macht. Ausgerechnet Albanien will in die EU. Das mehrheitlich muslimische Land setzt große Hoffnungen in den EU-Beitritt und erfüllt alle geforderten Bedingungen bravourös. Doch der Erweiterungsprozess ist ins Stocken geraten, die Widerstände sind groß. Anti-Europäer innerhalb der EU, Pro-Europäer außerhalb der EU. Was ist da los? Das Buch ist eine Mischung aus Fakten und Fiktion, Tragödie, Satire, Liebesgeschichte und Geschichtsunterricht. Alles dreht sich um den Helm des Skanderbeg, dem albanischen Nationalhelden, um albanische Traditionen und um eine polnische Freundschaft. Adam und Mateusz, zwei »Blutsbrüder«, verbunden durch einen Schwur, den sie im polnischen Untergrundkampf gegen das kommunistische Regime geleistet haben, gehen nach dessen Zusammenbruch getrennte Wege. Der eine wird polnischer Ministerpräsident, der andere macht in der Europäischen Kommission Karriere. Aus der einstmals tiefen Verbundenheit wird eine unversöhnliche Feindschaft von europäischer Dimension. Auf dem albanischen Kreuzschifffahrt SS-Skanderbeg, zu der alle Regierungschefs der Balkanstaaten, die EU-Außenminister und sämtliche Vertreter der Europäischen Union eingeladen sind, kommt es zum Showdown der EU-Repräsentanten. Mehr wird nicht verraten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es ist klug, geistreich, mit einer gesunden Portion Irrwitz, entwickelt es einen unglaublichen Sog und hält die Spannung bis zum unerwarteten Ende. Am Ende bleibt die Frage: wo bitte bleibt die großartige europäische Idee von einem geeinten Europa? Lesegenuss auf höchster Ebene, absolute Leseempfehlung!

 

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Öffnungszeiten: Di 17-20 Uhr, Do 10-14 Uhr, Fr 14-19 Uhr

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Wir wünschen Ihnen eine erholsame Weihnachtszeit! 

Maria Kaser und das Team der Bibliothek Ottensheim