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Heinz Janisch im Gespräch mit Karin Haller - Gedanken eines poetischen Wolkenguckers

https://www.jugendliteratur.at/index.php/podcast/heinz-janisch. Heinz Janisch, einer der etabliertesten Kinderbuchautoren Österreichs erzählt unter anderem von seiner Kindheit, seinen Anfängen als Autor und davon, wie er zu seinen Ideen kommt. Hören Sie rein in die Gedanken eines poetischen Wolkenguckers.

Jeder hat Fantasie

Wenn du zu jemanden sagst, du hast Fantasie, alles ist möglich, du kannst dir was vorstellen. Jeder kann das, egal ob groß, dick, dünn oder klein. Das ist so eine Ermächtigung. So eine Ich-Stärke. Indem ich sage, du kannst auf einem Baum sitzen oder in einer Wolke, du kannst dir alles vorstellen. Ich habe das Gefühl dass es einen stark macht, wenn man sich alles vorstellen kann, dann macht einen das weiter und größer. Das möchte ich den Kindern gerne vermitteln. Jeder von euch, egal ob er schnell laufen kann oder nicht, singen kann oder nicht, Fußballspielen kann oder nicht. Jeder hat Fantasie. Jeder hat so seine eigene Stärke. Und um das gehts mir. Mit dieser Stärke kann man auch in schwierigen Situationen besser Strategien entwickeln. Wenn du Fantasie hast schaust du Probleme anders an, du findest andere Lösungen. Es ist ganz wichtig, dass man Kinder neugierig macht. Jeder kann etwas. Jedes Kind soll spüren, dass es etwas Besonderes ist. 

Es geht immer um die großen Fragen?

Wo fühlt man sich wohl? Warum bin ich links oder rechts abgebogen? Es gibt Spuren, die für kleine und große Menschen entscheidend sind. Man sieht wie prägend die Kindheit ist. Ein Nobelpreisträger redet viel lieber über seinen Großvater, das Himbeerkracherl und über den Schulweg als über Ehrungen und Forschungen. Weil das ihn ganz stark geprägt hat. Ich habe immer das Gefühl, Kindheit ist so wie der Unterboden auf dem du stehst und da passieren halt schöne Dinge, hoffentlich. Aber dieser Unterboden ist ganz wichtig. 

Und was tut man, wenn der Unterboden nicht schön ist?

Wenn der Unterboden nicht schön ist, muss man ihn sich genau anschauen, überlegen was passiert ist und sich einen Boden suchen, der trägt. In einer guten Beziehung, in einer Aufarbeitung. Das ist ja oft so. Die "Menschenbilder" haben einmal im Untertitel geheißen "Die Sendung vom geglückten Leben und die Leute haben das missverstanden und gesagt, na wer hat schon ein glückliches Leben. Dann haben wir immer gesagt, nein, es geht um das geglückte Leben. Menschen im KZ, die vertrieben worden sind, diese Menschen haben viel Unglück erlebt, aber es ist etwas geglückt. Im Sinne einer Aufarbeitung, eines Neuanfangs, eines Weges den sie eingeschlagen haben. Ich glaube man muss schauen, wenn der Unterboden nicht schön war, dass man etwas findet, wo wieder Glück spürbar ist. 

Man lernt beim Lesen Empathie.

Es geht bei Bilderbüchern um Emotionen, um Selbstbehauptung. "Rita" braucht nicht vom 10m-Turm zu springen, auch wenn andere das von ihr erwarten und sie als Feigling oder Angsthase bezeichnen. Sie hat eine Ich-Stärke und weiß was sie kann und was nicht. Weil Fische springen nicht von Türmen. 

Literatur soll etwas zum klingen und leuchten bringen.

Ich bin gegen Schubladendenken. Ich schreibe keine Bilderbücher die immer für alle 4-jährigen zu jeder Zeit passen. Literatur ist immer ein Angebot. Wenn ein Buch irritiert, fasziniert, geheimnisvoll ist, das Kind Fragen stellt oder das Buch selbst gerne in die Hand nimmt, ist schon viel erreicht.